Pooh’s Corner 1989–1996 by Harry Rowohlt
Autor:Harry Rowohlt [Harry Rowohlt]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Kolumnen, Gespräche, Aufsätze, Kritiken
ISBN: 9783036991771
Herausgeber: Kein & Aber AG
veröffentlicht: 2015-06-16T16:00:00+00:00
Harry Rowohlt und sein Beweis
Der Stein von dem Inselchen Swim-two-Birds
UND KEINER HAT WAS BESTELLT
AUF DEM 1. INTERNATIONALEN FLANN-O’BRIEN-SYMPOSIUM IN DUBLIN
Flann O’Brien, the drinking man’s Joyce
Flann O’Brien kam als Brian O’Nolan (oder, auf Irisch, Brian ÓNualláin) am 5. Oktober 1911 zur Welt, im Hause Nr. 15, The Bowling Green, Strabane, County Tyrone, Irland. Er war das dritte von zwölf Kindern, und zu Hause wurde nur Irisch gesprochen. Später behauptet er zwar in seinen Schriften, er habe mit neunundzwanzig Englisch lernen müssen, aber als er mit zwölf Jahren zum erstenmal in die Schule durfte, hatte er es sich längst mit Hilfe der Comics in den Wochenendbeilagen beigebracht. Ähnlich lässig lernte er Deutsch, Französisch, Latein und Griechisch. Er machte je einen B. A. in Irisch, Englisch und Deutsch, einen Dr. phil. und einen M. A. über Moderne Irische Dichtung, obwohl Douglas Hyde, sein Irisch-Professor, ihn für einen Mythos gehalten haben soll, da er ihn nie in seinen Vorlesungen gesehen hat. Außer als Trinker und Billardspieler exzellierte er als Debattierer, der auf die Sekunde genau über jedes gegebene Thema reden konnte, wobei er gutgelaunt und übelmeinend alles Gute, Schöne und Wahre in den Schmutz zog, besonders das Recht von Frauen auf Hochschulbildung.
Was vermag Literaturkritik? Bei Flann O’Brien hat die Meinung, nach Joyce sei kein Roman mehr möglich, zu einer So-ein-Quatsch-Reaktion beigetragen, und er schrieb At Swim-Two-Birds (1939; deutsch 1966 in der Übersetzung von Lore Fiedler als Zwei Vögel beim Schwimmen erschienen). In diesem Monumentalwerk – fast jeder, der es liest, ist danach für die Gegenwartsliteratur verloren – geht es um einen unreinlichen jungen Mann, der Bücher verschiedener Gattungen und Stilrichtungen zu schreiben beginnt und nie so recht damit zu Rande kommt, bis die handelnden Personen die Nase voll haben und sich in einem alten Kino zu einer Protestversammlung treffen, um endlich ein geregeltes Eigenleben zu beginnen. Wem fiele da nicht Pirandello ein? Mir nicht. Graham Greene stellte At Swim-Two-Birds »in eine Reihe mit Ulysses und Tristram Shandy«. William Saroyan stellte es in gar keine Reihe, sondern er war schlicht begeistert und bemühte sich jahrelang um einen amerikanischen Verleger. Joyce schließlich sagte: »Hoffentlich merken die Kritiker bei diesem Buch, was ihnen beim Ulysses entgangen ist: Dass es ein komisches Buch ist.« Und im Antiquariatsverzeichnis der Librairie la Hune (1949) steht hinter dem Titel der schlichte Eintrag libre très aimé de Joyce … Und dann wird es auch schon wieder still um das Buch.
Zwei Vögel beim Schwimmen wartet übrigens – von Audrey Welsh dramatisiert und fix und fertig übersetzt – seit Jahren auf ein wagemutiges deutschsprachiges Theater, in dem es nicht stört, wenn im Publikum manchmal gelacht wird. Schluss der Werbeeinblendung.
Apropos Schluss: In Zwei Vögel beim Schwimmen taucht regelmäßig eine Formulierung auf, die so blödsinnig ist, dass sie sofort einleuchtet, und deren Zauber man sich nur schwer entziehen kann: Schluss des Vorhergehenden.
1941 erschien auf Irisch An Béal Bocht / The Poor Mouth (deutsch 1977 als Das Barmen / Irischer Lebenslauf), »eine arge Geschichte vom harten Leben« (Untertitel), und hier weiß man nicht so recht: Ist dies
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